Mera Peak

Gleiche Zeit, gleicher Ort. Mera Pass, zwei Uhr, der Wecker klingelt. Allerdings ein völlig anderes Gefühl beim Blick aus dem Zelt. Sternenklare und klirrend kalte Nacht. Elektrisierend!

Für diesen Fall, für mich übrigens ziemlich überraschend, hatten wir die Aufbruchszeit für drei Uhr festgelegt. Nicht viel Zeit diese eine Stunde. Essen, Trinken und Anziehen zu zweit in einem kleinen Zelt, da kann es schon manchmal ein bisschen hektisch werden. Fast alle waren auch pünktlich abmarschbereit. Präzision in dieser Hinsicht ist sehr wichtig, weil sonst alle anderen beim Herumstehen und Warten auf den Trödelsack kalte Füße bekommen. Das kann sogar den Gipfel kosten.

Unsere beiden tapferen Mädchen (Janina li, Kathleen re). Sie hatten sehr mit der Kälte zu kämpfen. Immer und immer sind die Füße das Problem. Bis 6200 m sind sie gemeinsam mit Thomas aufgestiegen. Ich bin sehr stolz auf die beiden.

Dass Christoph und ich am Tag zuvor bis auf cirka 5800 m gespurt hatten, kam uns nun zu Gute. Es ging rasch voran, auch weil wir auf das Gehen am Seil in der Spur verzichten konnten. Für den Teil des Aufstieges ohne Spur hatten wir festgelegt, dass wir, nun am Seil, in zwei Gruppen gehen wollten. Christoph und ich sollten die Spur treten, Kathleen, Janina und Thomas würden uns beiden folgen. Wir konnten so erreichen, dass wir alle fünf in etwa gleich schnell vorwärts kommen.

Kurz nach fünf Uhr hatten wir die Höhe vom vergangenen Tag erreicht. Hier nun begann der Kampf mit dem Schnee. Übrigens ist es am Mera zwingend notwendig, am Seil zu gehen, wenn viel Schnee liegt und es keine sichere Spur gibt. Ich bin immerhin vier Mal in eine Spalte gerutscht.

Dieser Morgen und dieser Ausblick waren der Wahnsinn. Jede Strapaze, egal wie groß, lohnt für einen solchen Bergtag. Im Hintergrund Everest und viele andere.

Je höher wir wir kamen, desto mehr Schnee machte uns das Leben schwer. Außerdem war schon ziemlich zeitig abzusehen, dass wir nur wenig Zeit haben würden. Im Tal zogen Wolken auf. Wir spurten wie die Verrückten, sozusagen auf der Flucht nach oben vor den immer näher kommenden Wolken. Der Abstand zu den Wolken wurde immer kleiner, der zu unseren „Verfolgern“ größer. Aber die drei brauchten nur unserer Spur zu folgen, könnten also auch bei schlechter oder sogar ohne Sicht den Gipfel erreichen. Wir beide da vorn mussten aber zwingend etwas sehen, um den Weg zu finden.

Die Schlussetappe am Mera ist eine endlos lange Querung am sogenannten Mittelgipfel vorbei zum Nordgipfel, welcher den höchsten Punkt des Berges darstellt. Diese Querung ist nicht nur lang, sondern auch recht heikel. Deshalb wird sie anscheinend auch nicht gemacht, denn Gebetsfahnen und andere Dinge sahen wir nur auf dem Mittelgipfel. Leider ist der 15 m niedriger als der Nordgipfel.

Der 6476 m hohe Nordgipfel des Mera Peak im allerersten Morgenlicht.

Als wir den Nordgipfel erreicht hatten, sozusagen im gleichen Augenblick, schloss sich der Wolkenvorhang für den Rest des Tages. Es war kurz nach elf Uhr. Schlagartig setzte ziemlich starker Schneefall ein. Am Gipfel auf die anderen zu warten, hatte vermutlich keinen Sinn. Wir waren uns beide da oben ziemlich sicher, dass die anderen so vernünftig sein würden, bei diesen Verhältnissen umzukehren. Und das haben sie Gott sei Dank auch getan. Kurz vor dem Basislager hatten wir Thomas und die beiden Mädchen eingeholt. Sie waren alle drei einerseits traurig, andererseits aber auch zufrieden, dass wenigstens Christoph und ich den Gipfel erreichen konnten.

Das obligatorische Gipfelfoto mit dem letzten Rest Himmel, bevor es grau wurde. Es gibt aber ein schönes Beweisfoto hinüber zum Mittelgipfel. Für mich ist so ein Foto wichtig.

Ich war vor allem froh, als wir alle gesund und munter gemeinsam wieder im Basislager saßen. Noch am gleichen Tag ging es weitere 600 m hinunter nach Kongma Dingma. Heute, einen Tag später, ist die Stimmung bei allen so wie vor dem Mera. Das Wetter übrigens auch. Die Freude über den traumhaft schönen und glasklaren Morgen am Berg mit den fantastischen Ausblicken auf gleich fünf! 8000er entschädigt selbst für einen nicht erreichten Gipfel.

Der Mera ist ein toller Berg! Der Anmarsch allein lohnt die Reise zu ihm. Die Ausblicke über das Khumbu sind fast während des gesamten Aufstieges gleichermaßen grandios. Und er ist tatsächlich nicht schwierig, wenn auch die Strecke vom Basecamp zum Gipfel sehr, sehr lang ist.

Wir hatten Geduld und haben Einsatz gezeigt. Das wurde belohnt. Man sieht also, auch das Bergsteigen ist manchmal fast wie das richtige Leben.

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9 Antworten

  1. Thomas sagt:

    Herzlichen Glückwunsch!

    Gruß Thomas

  2. Silke sagt:

    Hey! Gratulation zu diesem schwierigen verschneiten Aufstieg!!! Ihr seit echt krass. Ich lese jeden Tag.Geniesst eure Zeit und passt alle auf euch auf! Ich drücke dich,meine liebe Kathleen…

    S,B,J,J

  3. Rainer sagt:

    Super, klasse Leistung!!!
    Meine Glückwünsche ins gelobte Land.

    Gruß Rainer

  4. Veronica sagt:

    Super, herzlichen Glückwunsch!!
    Viele Grüße an euch alle, vor allem an Janina und dich!
    Veronica

  5. Andrea J. sagt:

    „So viel Kalt“ und so viel Schnee, da sind 6200 m schon sehr beachtenswert.
    Glückwünsch, Glückwünsch an alle! Ich drück dich ganz doll Janina! M.

  6. Thomas Schmidt sagt:

    Gut gemacht !! Letztes Jahr am Mittelgipfel war es um 9 Uhr noch echt schön und der Blick einfach göttlich. Das mit den Spalten kann ich auch bestätigen 😉 Dann mal noch viel Spaß…

  7. Thomas Schmidt sagt:

    Ich nochmal, eine Frage: Hab gerade den Beitrag zum Lobuche gelesen und ich bin ich baff !! War da nämlich 2011 und auch für mich gab’s am P 5950 kein Halten – bin auch rauf zum höchsten sichtbaren Punkt und es war einfach genial :-)) Nur ich dachte, der Hauptgipfel wäre noch weiter (sieht man erst, wenn man auf der Spitze steht), müsste nach eurem Bericht aber dann der Lobuche West sein. Seid ihr euch da sicher?

  8. Katrina sagt:

    Na geht doch!! Es musste doch so kommen. Hallo und Namastè nach Nepal,
    freue mich unsagbar mit Euch, Ihr habt Großartiges geleistet bisher, jede(r) einzelne von Euch. Hut ab auch liebe Janina und Kathleen, – und ich musste gerade irgendwie spontan an „DEN“ Lichtstrahl denken… 😉 Himmel noch mal, das wird erst noch richtig spannend. Aaaaaaber – ich bin mir sicher, den Berggöttern gefällt, was sie zu sehen bekommen!! 😉 Alles Liebe, viel Kraft und vor allem warme Füße,
    Katrina

  9. Schanedde sagt:

    Hallo,

    das sieht wahnsinnig frostig aus, brrr. Wie kalt ist es denn da so?

    Sowas blödes, mit dem Schnee, aber darüber kann halt wirklich nur der liebe Wetterfrosch bestimmen, das macht so ein Unterfangen wahrscheinlich auch zu solch einer spannenden Sache.

    Liebe Grüße, bin weiter sehr gespannt und fange schon an mich auf euer Heimkehren zu freuen

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