Große Erwartungen

Ich kann sie nicht direkt auf der Homepage beantworten, aber ich kann die Kommentare lesen. Und deshalb steigt die Spannung natürlich auch bei uns! Was hat es mit dieser Spalte auf sich, von der ich inzwischen soviel gehört und gelesen habe? Wird sie auch für uns unüberwindbar sein?

Wenn es so schwer ist, sie zu umgehen, warum wird sie dann nicht überklettert? Reinseilen und an der anderen Seite wieder hoch klettern? Ist sie vielleicht sogar der Grund, warum wir bis vorgestern hier allein waren und nun außer uns klägliche drei andere Leutchen den Baruntse besteigen wollen? Hat sich herumgesprochen, dass dieser Berg nicht mehr zu den technisch leichten Siebentausendern gehört?

Auf meinen Firmen-Vorträgen gibt es im Anschluss häufig Diskussionen über das Gehörte und Gesehene. Eine Frage steht dabei oft im Vordergrund: Strapazen, Kälte, Gefahr - Wofür? Auch um an einem solchen Ort sein zu dürfen wie das Lager 1 am Baruntse.

Einer der drei „Anderen“ hat einen Climbing Sherpa dabei. Jener meinte dann auch gleich, dass es wohl mit dem Gipfel nichts werden wird wegen der Spalte, wie man ja schon vom Basislager aus überdeutlich sehen kann.

Ich würde ja furchtbar gern mehr wissen, über den Augenblick, als Du, lieber Thomas, vor der Spalte gestanden hast und die Entscheidung fiel, umzukehren. Wer hat diese Entscheidung getroffen und warum? Gab es Versuche, das Hindernis zu überwinden? Und wenn ja, von wem? Und wenn nicht, warum nicht? Das ist die entscheidende Frage!

Wie tief ist die Spalte? Was ist mit dem Spaltenboden? Grundlos? Nein, da ist ja irgendwo der Grat. Wichtig auch die Antwort auf die Frage, wieviel Material viel ist. Und wer ist Amical? Ralf oder neuerdings Dominik? Ein Climbing Sherpa, oder ein anderer Bergführer, der für diese Firma führt und den ich nicht kenne? Die, die ich kenne, sind jedenfalls in der Lage, auch sehr unangenehme Spalten zu überwinden.

Zuerst eine schöne, kleine Felskletterei, dann eine Eiswand. Es hat Spaß gemacht, dort hinauf zum Lager 1 klettern. Auf eine Sicherung kann man getrost verzichten. Schnelligkeit bedeutet auch immer Sicherheit. Christoph im Nachstieg.

Nun, wenn das Wetter hält, werden wir bald schlauer sein. In den letzten drei Tagen haben wir das Lager 1 installiert und mit allem ausgestattet, was wir für drei bis vier Tage da oben brauchen. Die gesamte Kletterausrüstung ist dort, ebenso ein Zelt für das Lager 2. In die etwa 200 m hohe 40-60 Grad steile Wand, die hinter unserem Depot aufragt und den Weg zum Lager 1 versperrt, habe ich ein Fixseil gelegt. So ist das Rauf und Runter von unserem Depot zum Lager 1 nun ganz einfach und ungefährlich.

Unser Plan für die kommenden Tage ist simpel. Nach nur einem Ruhetag im Basislager steigen wir morgen wieder in das erste Hochlager auf. Bei schönem Wetter hier unten zu sitzen, macht mich krank. Und wir haben nun schon seit fast einer Woche schönes Wetter. Wer weiß, wie lange noch?

Noch am gleichen Tag, also morgen, werden wir versuchen, eine Last ins zweite Hochlager zu schaffen, und ein Zelt installieren. Am nächsten Tag, das ist dann der 2. Mai, wollen wir das zweite Hochlager beziehen und vielleicht, wenn wir uns gut fühlen, einen Teil des Materials zur Spalte hinauf schaffen, welches man laut Amical bzw. Thomas benötigt, um die Spalte zu umgehen.

Das Lager 1 befindet sich auf etwa 6170 m. Diese Schlafhöhe erlaubt gut akklimatisiert durchaus noch einen einigermaßen zivilisierten Zustand. Damit meine ich den Allgemeinzustand, der sich in Appetit, Schlafqualität und körperlicher Leistungsfähigkeit verifiziert.

Je nachdem, wie viel Widerstand uns dieses erste Hindernis leistet, werden wir am 3. oder 4. Mai einen Gipfelversuch starten. Weiter oben lauert aber weitere Unbill. Die Spalte unter dem Gipfel sieht vom den Platz aus, an dem ich diese Zeilen schreibe, auch nicht gerade einladend aus. Was ist nur mit dem Baruntse los?

Wir werden jedenfalls unsere gesamten Seilreserven mit hinauf nehmen (viel Material!). Und so wird vielleicht mein Plan, Rechner und Telefon auch mit hochzuschleppen, um zeitnah berichten zu können, unerfüllt bleiben. Vielleicht aber auch nicht.

Der Blick nach Westen von unserem Lager 1 aus, kurz vor Sonnenuntergang. Die Ama Dablam und viele andere Berge sind zu erkennen. Unser Basislager liegt nur wenige Meter von dem größten auf diesem Bild sichtbaren noch zugefrorenen See entfernt (unteres Bildviertel, etwas li der Bildmitte).

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6 Antworten

  1. Marianne Schröder sagt:

    Faszinierend! Viel viel Glück!

  2. Christiane sagt:

    Ich drücke ganz fest die Daumen!

  3. Schanedde sagt:

    Halllo, das Bild ist zu lustig, haha. Olaf lass der Janina auch was zu futtern übrig, sie guckt schon ganz gierig.
    Ich glaub weiter ganz fest an euch, der Gipfelversuch naht, Spannung erfüllt mich.
    Winke winke

  4. Thomas Schmidt sagt:

    Hallo ihr Abenteurer 🙂 Echt klasse, dass ich derart an eurer Expedition teilhaben darf. Also gerne weitere Infos, soweit diese vom letzten Frühjahr (wir waren auch dort im Mai) noch aktuell sind:
    1) Mit Amical meine ich die Agentur (http://www.amical.de/), von deren Teilnehmer ich zufällig hörte, dass sie letzten Herbst so diese Spalte überwunden haben, dann aber aus Zeitmangel o.ä. doch abbrechen musste.
    2) Unsere kleine Expedition (wir zwei + Guide) hatten zwar den Baruntse anvisiert, aber wir waren nicht so ambitioniert – haben insgesamt nur 6 Tage ab Basecamp eingeplant und wollten eigentlich mehr schnuppern und ggf. einen einzigen Versuch unternehmen. Von daher fiel mir der Abbruch auch nicht schwer, als ich vor dieser tieeeefen Spalte stand 😉 So sind wir halt einen Tag früher wieder runter, weil 3 Nächte in >6000m waren echt hart genug. Verglichen mit den anderen Gruppen, die sich vor uns bis zu 3 Wochen am Baruntse versucht hatten, war es also wahrlich keine Niederlage und wir freuten uns fortan über den Island-Peak, welchen wir nach Amphu-Laptsa noch bei herrlichem Wetter genießen konnten :D))
    3) Nun Details: Die Spalte ist auf ca. 6930m und ist wirklich tief (ich habe damals den Boden nicht gesehen, auf eurem Foto erkennt man aber glaube, dass am Grund eine Menge Schnee liegt), ca. 5m breit und von einem Ende des Grates zum anderen. Die Wände sind extrem steil und wir hatten damals keine Eisen, die für’s Steileis geeignet sind. Was vielleicht eine Hoffnung ist: es gibt einige alte Seile, welche in der Tiefe (vom Gletcher überdeckt) straff gespannt über die Spalte reichen. Mit Eisschrauben gesichert, könnte man die vielleicht irgendwie nutzen…
    4) Was ich noch sagen kann: ca. 150m unterhalb gibt es eine Eiswand (gut sichtbar), an der man links vorbei über eine parallel zum Grat laufende Spalte queren muss. An dieser Stelle wollte unser Guide bereits abbrechen, nachher war er dankbar, dass ich hartneckig blieb und wir (gut gesichert) an der tiefsten Stelle einen guten Übergang gefunden haben 😉

    Nun lasst euch aber bloß nicht entmutigen, der Aufstieg ist auf jeden Fall sehr schön und die Luft in >6900m Höhe zu atmen, hat man auch nicht alle Tage !!
    In Erinnerung an den obergenialen Blick von Westcol in Richtung Mt. Makalu,
    Thomas aus dem frühlingshaften Braunschweig

  5. Maria sagt:

    Liebe Janina,
    ich bin total beeindruckt von deiner unermüdlichen Willenskraft und Stärke. Hoffentlich bleibt das Wetter so gut und ihr könnt den Gipfel erklimmen! Ich denk ganz oft an dich und drücke euch allen die Daumen.
    Am Montag hast du uns sehr gefehlt, aber wir haben die Oper für dich mit gerockt.
    Komm mir bloß heile wieder!
    Liebe Grüße & ein Drückerli,
    Maria

  6. Jörg sagt:

    Liebe Janina, ich bin sehr froh, dass ihr schon soweit gekommen seid und dass euch das Wetter wieder etwas zugetaner ist. Meine Gedanken und meine Wünsche sind bei dir und deiner Truppe. Ich wünsche euch viel Erfolg beim Kampf mit den beiden Spalten, ein ausreichend anhaltendes Gut-Wetter-Fenster für hoch und wieder runter und genug Luft, um den Gipfel nicht nur zu erreichen sondern auch genießen zu können (im Rahmen der Möglichkeiten auf 7200 m). Wie ich lese laufen jetzt gerade die entscheidenden Vorbereitungen für den Gipfelangriff – gutes Gelingen, ich drücke die Daumen wie verrückt und denk an Dich. Alles Liebe dein Vati

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