Alpentraining

Alle Jahre wieder und dieses sogar zwei Mal: Das Training mit meinen Nepalgästen für unseren Sechstausender im Himalaya kommendes Frühjahr. Dieser Termin ist sicher einer meiner Favoriten, vor allem wenn das Wetter mitspielt. Und diesbezüglich hatten wir im Gegensatz zum vergangenen Jahr wirklich Glück, denn das Wetter war nicht nur gut, sondern die gesamten vier Tage geradezu perfekt.

Der Taschachgletscher bietet noch immer das perfekte Übungsfeld für den Umgang mit Pickel und Steigeisen.

Auch die Verhältnisse auf dem Gletscher und beim Aufstieg zum Gipfel des Hinteren Brunnenkogel ließen keine Wünsche offen. Doch eins nach dem anderen. Insgesamt dauert das Training vier Tage. Am ersten Tag, meist ein Donnerstag, treffen wir uns in Mandarfen am Ende des Pitztales. Und wenn alle da sind, dann ist es inzwischen schon Tradition, dass wir erst einmal alle gemeinsam ein Bier oder Kaffee trinken gehen. Anschliessend wird die Ausrüstung verteilt, und dann beginnt der etwa dreistündige Aufstieg zum Taschachhaus.

So seltsam es vielleicht auf einem Foto anmutet, dass Gehen auf den Steigeisen in Vertikal- und Frontal-zackentechnik im Auf- und vor allem Abstieg und der Umgang mit dem Pickel, also das richtige Halten und seine zweckmäßige Benutzung, steht im Mittelpunkt unseres Alpentrainings.

Diese Hütte ist weit und breit bekannt für ihren perfekten Service und das gute und vor allem reichhaltige Essen. Es gibt komfortable Duschen und gemütliche Lager. Hier übernachtet man nicht mehr mit fünfzig anderen auf einer riesigen „Kullerrampe“. Ein weiterer Vorteil ist der relativ kurze Zustieg zum Gletscher. In nur einer Stunde befindet man sich mitten in der eisigen Welt des Taschachferners.

Kaum sind wir auf der Hütte angekommen, schon geht es mit der Überei los. Nach dem Abendessen besetzen wir einen der beiden Seminarräume in unserer „Hütte“. Trockentraining ist angesagt. Meine Gäste müssen all das lernen und beherrschen, was nötig ist, um allein, also ohne fremde Hilfe auf unserem Berg im nächsten Jahr hinauf und auch wieder herunter zu kommen. Jeder muss in der Lage sein, für sich selbst die Verantwortung zu übernehmen. Das hört sich vielleicht nach einer Menge Dingen an, die beherrscht werden müssen. So ist es dann aber doch nicht, weil es am Nirekha im nächsten Jahr natürlich eine fest installierte Fixseilstrecke geben wird. Wir müssen also den Aufstieg mit dem Jümar, das Verhalten am Fixpunkt und das Abseilen besonders üben. Das geht schon ganz gut im Trockenen.

Ausserdem lernen wir, wie wir uns ins Seil einbinden, uns gegenseitig sichern, was ein Mastwurf, ein Halb-mastwurf und ein Prusikknoten ist. Wir schauen uns an, wie eine Bergung aus einer Gletscherspalte funktioniert und was immer ganz besonders spannend und verblüffend ist, wir steigen mit zwei einfachen Rebschnüren am Seil auf. Dem Karl Prusik (1896-1961) aus Wien sei Dank! Er erfand den nach ihm benannten und bis heute am meisten verwendeten Klemmknoten im Jahr 1931. Eine geniale Idee, die ihn unsterblich gemacht hat.

Wenn alle wieder und wieder die Pickel- und Steigeisentechniken im Auf- und Abstieg geübt und auch selbst einmal Fixpunkte im Eis gebaut haben, wird es ernst. Am Seil geht es ins steile Eis!

Am zweiten Tag steigen wir zum Gletscher auf. Und das ist immer absolut spannend für alle Beteiligten. Was kann man nicht alles für tolle Sachen mit und im Eis machen! Fast senkrechte Wände hoch marschieren, als ob es gar nichts wäre; bombensichere Fixpunkte mittels Eissanduhren bauen; mit wenig Kraftaufwand Leute aus Spalten heraus ziehen und noch vieles mehr. Der Tag im Eis ist immer zu kurz, schon ganz und gar bei solchem Kaiserwetter, wie wir es hatten.

Am dritten Tag geht es dann hinauf auf einen der vielen Gipfel rings um das Taschachhaus. Meist ist das der Hintere Brunnenkogel (3440 m) oder seltener die Wildspitze (3770 m). Wir entschieden uns für ersteren. Er ist perfekt dazu geeignet, einmal zu schauen, wo man konditionell steht. 1000 Höhenmeter sind im Auf- und Abstieg zu bewältigen, genauso viel also wie zum Gipfel des Nirekha vom Basislager aus. Das Beste am Hinteren Brunnenkogel ist jedoch die Tatsache, dass man ihn fast bei jedem Wetter besteigen kann. Er ist technisch einfach und auch der Weg ist selbst bei schlechter Sicht gut zu finden, wenn man sich ein bisschen auskennt. Und das tue ich inzwischen.

Es gab noch eine Menge Schnee auf unserem Weg hinauf zum Gipfel, und wir mussten spuren. Sicher auch eine Erfahrung, die uns an unserem Berg in nächsten Jahr helfen wird.

Wir erlebten einen traumhaften Bergtag, der keine Wünsche offen ließ. Nicht einmal den auf ein Bierchen am Gipfel, denn neuerdings gibt es dort oben ein Restaurant. Und was uns besonders stolz gemacht hat, wir waren die einzigen dort oben, die diesen Gipfel tatsächlich bestiegen hatten. Alle anderen sind ganz profan mit der Seilbahn rauf gekommen.

Und zum Abschluss am vierten Tag, noch immer bei bestem Wetter, haben meine tapferen Gäste den Fuldaer Höhenweg gemacht, was die ganze Sache auf eine schöne Weise abgerundet hat. Mehr geht in vier Tagen nun wirklich nicht. Einen besseren Auftakt für unser gemeinsames Abenteuer im kommenden Jahr hätten wir uns nicht wünschen können. Vielen Dank an Euch für diese tollen Tage. Und wieder einmal ist bestätigt, dass ich den besten Job der Welt habe.

 

 

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11 Antworten

  1. Anja sagt:

    Uhi, was für ein toller Erfahrungsbericht. Da freu ich mich schon sehr auf unseren August-Termin.
    Hoffentlich bei ebenso tollem Kaiserwetter und bestenfalls weniger Schnee 😉

  2. Sabine sagt:

    Ein spannender, schöner Bericht. Ja, zur Wildspitze hättet Ihr wahrscheinlich noch mehr spuren müssen …(war am 23.6.oben ). Bauen Sie die Touren immer so auf, dass man vorher zur gemeinsamen Vorbereitung geht? Ich finde diese Idee nämlich super.Gibt es schon Nepalpläne für den Herbst 2014 bzw. 2015?

    • Olaf Rieck sagt:

      Hallo Sabine,
      das mache ich immer so, denn nur auf diese Weise können wir mit halbwegs gutem Gewissen unsere Ziele im Himalaya angehen. Ausserdem sollte man sich schon ein wenig kennen, wenn man über Wochen gemeinsam im Himalaja unterwegs ist und 6000er besteigt.

      Pläne gibt es jedes Jahr aufs Neue. 2014 sind noch zwei Plätze für die Märztour zu haben und 2015 sieht es generell noch gut aus mit Buchungsmöglichkeiten. Um mehr zu erfahren, genügt übrigens ein Anruf!

      Herzlichen Gruß aus Leipzig

  3. Elke Helmers sagt:

    Sehr schöner Bericht und schöne Fotos über das Alpentraining für Nepal. Euch allen weiterhin viel Spaß und allzeit gutes Gelingen wenn es dann richtig losgeht.

  4. Doris geb.Lange sagt:

    Ja ein spannender schöner Bericht. Das ist der beste Job der Welt ,dass sehe ich auch so. Viel Glück dabei.

  5. Thomas Schmidt sagt:

    Oh ja,
    Das macht richtig Vorfreude: im September sind wir mit unserer Hochtourengruppe auf der Braunschweiger Hütte und der Hintere Brunnenkogel steht wenn’s Wetter passt auch mit auf dem Programm 🙂
    Echt cool vom Olaf, das so zu organisieren – alles andere als selbstverständlich für Nepal-Tour-Organisatoren !!

  6. Felix (nordtrekking.de) sagt:

    Hallo, der Bericht klingt echt gut und wenn bei mir auf dem plan steht: Nepal Trekking (steht bestimmt irgendwann drauf) dann melde ich mich bei dir 🙂
    Grüße ebenfalls aus Leipzig
    Felix

    • Olaf sagt:

      Hallo Felix,
      na da freue ich mich schon drauf. Bis bald und vielen Dank für Deinen Kommentar.
      Herzlichen Gruss Olaf

  7. kerstin poznanski sagt:

    Hallo Olaf und die „Mitstreiter“ im Feb. 2014, schade, dass wir nicht dabei sein konnten. Gibt es wirklich noch einen Augusttermin, wie die Anja schreibt? Gruß Kerstin und Wolfgang

    • Olaf sagt:

      Hallo Kerstin,
      gibt es! Und zwar vom 8. bis 11. August.
      Vielleicht habt Ihr ja Zeit und Lust? Ihr seid herzlich willkommen.
      Viele Grüße Olaf

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