Alpentraining beendet
Seit inzwischen fast 20 Jahren bin ich regelmäßig mit Gästen in Nepal unterwegs. Und trotzdem ist es für mich immer wieder aufs Neue ein besonderes Erlebnis, mit ganz unterschiedlichen Leuten in der grandiosen Gebirgslandschaft der Everest-Region unterwegs zu sein. Man lernt sich nun mal sehr gut kennen in dieser Zeit. Doch vor allem ist es für mich eine große Herausforderung. Denn eines steht ja fest:
Für die allermeisten meiner Gäste ist ihre Reise in den Himalaya so etwas wie ein Höhepunkt in ihrem Leben. Etwas ganz einmaliges. Die Erfüllung eines ihrer Lebensträume. Vor allem das ist der Grund, warum die Vorbereitung auf diese Reise bei mir so wichtig ist, ganz besonders, wenn ein echter Himalaya-Eisriese auf dem Programm steht.
In den Köpfen vieler Leute schwirren bei dem Gedanken an den Himalaya Klischees im Kopf herum, die häufig nur wenig oder gar nichts mit der Realität zu tun haben. Klirrende Kälte, Höhenstürme, Lawinen und tiefgefrorene Leichen am Wegesrand sind eben nicht die Regel. Wir bewegen uns auch nicht in abgelegenen Regionen, in denen wir uns nur noch selbst helfen können. Oft sind meine Gäste sogar erstaunt, wie gut die Infrastruktur im Sherpaland entwickelt ist, auch wenn es keine Straßen gibt. Die Wege sind gut auszumachen und vielbegangen. Es gibt überall Herbergen am Wegesrand, wo wir Unterschlupf finden, wenn es doch mal schwierig mit dem Wetter werden sollte.
Träger nehmen uns die Lasten ab. Wir können uns ganz dem Schauen und Laufen hingeben. Ein zweiter Guide sorgt bei mir dafür, dass jeder sein Tempo gehen darf. Ich trekke vorneweg, oft auch um die besonders motivierten „Sportler“ ein wenig zu bremsen. Mein Freund Kumar bleibt hinten bei den Vielfotografierern und denen, die wissen, dass Langsamgehen gut für die Akklimatisation ist.
Eine Trekkingtour mit mir in der Khumburegion des Himalaya, also am Fuße des Mount Everest, kann tatsächlich jeder bewältigen, der gesund und gut zu Fuß ist und der gerne auch mal auf den Luxus verzichten kann, den wir von einem Hotel in den Alpen gewohnt sind. Und der als Beobachter in der Lage ist, die Dinge so zu nehmen, wie sie kommen, weil er das Privileg zu schätzen weiß, in der spektakulärsten Gebirgsregion unseres Planeten unterwegs sein zu dürfen.
Anders ist das, wenn nicht die Wanderung auf den Trägerfaden im Vordergrund der Reise steht, sondern die Herausforderung an einem Sechstausender angenommen werden soll.
Viele halten die sogenannten „Trekking Peaks“ in Nepal für technisch leicht und objektiv sicher. Das sind die meisten zweifellos auch, zumindest in Relation zu vielen anderen Eisriesen des Himalaya. Allerdings gilt im Vergleich zu den Drei- und Viertausendern der Alpen vor allem eines: Die Besteigung der Berge hier im Himalaya BEGINNT sehr oft auf einer Höhe, die schon hunderte Meter oberhalb der Gipfelhöhe des Mont Blanc liegt. Dessen sollte man sich immer bewusst sein. Alles ist hier so viel anstrengender.
Die Fähigkeiten und Fertigkeiten, die notwendig sind, einen Himalaya-Riesen erfolgreich zu bezwingen, müssen also hundertprozentig beherrscht werden. Hundertprozentig bedeutet auch bei Kälte mit Handschuhen, bei Sturm, schlechter Sicht oder einem Notfall und natürlich bei sehr großer, womöglich nie gekannter Erschöpfung. Dazu benötigt man Übung, wenn das der Gipfelaspirant nicht schon sehr gut beherrscht.
Geübt werden muss natürlich möglichst unter ähnlichen äußeren Bedingungen, wie wir sie auch im Himalaya vorfinden werden. Deshalb ist bei mir ein Alpentraining für meine weniger versierten Gäste obligatorisch. Und erst gestern bin ich von einem solchen Training wieder in Leipzig eingetroffen.
Seit vielen Jahren üben wir auf dem Taschachferner im Pitztal, was wir für unser großes Ziel alles wissen und können müssen. Unser Stützpunkt ist das Taschachhaus. Diese großartige, sehr komfortable Hütte befindet sich ganz in der Nähe des Taschachferners. Dieser Gletscher ist ein nahezu ideales Übungsgebiet für das Bergsteigen im Eis.
Zwei Tage lang werden wir Fixseile an steilen Passagen des Gletschers verlegen und an ihnen den Auf- und Abstieg mit Jümar und Abseilacht trainieren. Wir werden Fixpunkte in Schnee und Eis auf- und wieder abbauen, die Spaltenbergung üben, eine Gletscherwanderung durchführen und eine kleine Bergtour machen. Am Abend wiederholen wir das Gelernte und üben die gängigsten Knoten auf der Hütte.
Die Resonanz meiner Gäste auf diese vier Tage war bisher ausnahmslos immer äußerst positiv. Nicht nur, weil alle viel gelernt haben und nun gut vorbereitet in ihr Sechstausender-Abenteuer gehen können. Schwierige Situationen braucht jetzt niemand mehr zu fürchten. Und wir lernen uns bei dieser Gelegenheit schon mal sehr gut kennen und haben viel Spaß miteinander. Außerdem hat sich jeder selbst ein bisschen besser kennengelernt und weiß nun, woran er noch arbeiten muss.
Das wichtigste aber ist, dass wir mit diesem zusätzlichen Einsatz unserem großen Ziel den nötigen Respekt entgegen bringen und nun mit gutem Gewissen losfahren können.
Das Alpentraining ist wirklich Ein großes Erlebnis und hat viel Spaß gemacht! Ich erinnere mich gerne daran zurück! Viele liebe Grüße und alles Gute für die kommende Nepal Tour 2017!
Ist eine schöne Erinnerung, dieses Bild von Euch beiden im Seminarraum 2 des Taschachhauses, wie Ihr mich aus der imaginären Spalte „bergt“. Herzliche Grüße auch an Eure Männer nach Benediktbeuern