Unwägbarkeiten

Eine meiner einprägsamsten Erfahrungen der letzten 25 Jahre in den Bergen war eine Reise nach Alaska zum Mount Mc Kinley. Ich hatte mich breitschlagen lassen, für eine Agentur die Reiseleitung zu übernehmen. 13 Teammitglieder!

Es gab zwar ein zweistündiges vorbereitendes Treffen, zu dem aber nur sechs Leute gekommen waren. Die restlichen Teammitglieder traf ich zum ersten Mal auf dem Flughafen. Lange Rede kurzer Sinn: Nach dieser Tour auf den Mc Kinley habe ich mir geschworen, nie wieder mit Leuten auf einer langen und anstrengenden Tour unterwegs zu sein, die ich nicht kenne. Und vor allem, ich hätte es besser wissen müssen. Denn schon seit 2002 gibt es zur Vorbereitung auf meine eigenen Touren in Nepal ein Treffen in Leipzig und ein zweites in der Sächsischen Schweiz, welche auch immer sehr gut angenommen werden. Am vergangenen Wochenende war es wieder soweit.

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Die Schrammsteinaussicht ist sicher einer der schönsten Aussichtspunkte der gesamten Sächsischen Schweiz.

Bei einer vierwöchigen Reise einer zusammengewürfelten Gruppe von Menschen in ein Land wie Nepal gibt es zwangsläufig einen Haufen Unwägbarkeiten. Das ist ganz selbstverständlich, denn Nepal ist nicht die Schweiz und der Himalaya beginnt dort, wo in den Alpen die höchsten Gipfel aufhören. Und das ist natürlich auch gut so, denn wollte man Unwägbarkeiten vermeiden, wäre zum Beispiel das Erzgebirge ein feines Ziel. Dort ist es natürlich auch sehr schön. Aber es wartet keine große Herausforderung. Und selbst der Blick auf den Fichtelberg kann es nicht mit der Lhotsesüdwand aufnehmen.

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Perfektes Wetter am vergangenen Wochenende. Wir waren diesbezüglich wahre Glückspilze. Hier im Bild die sonnendurchflutete „Wilde Hölle“.

Wetter, Höhenverträglichkeit, Inlandsflüge, Gesundheit. Alles Umstände, die wir bei der Vorbereitung auf unser Himalayaabenteuer nur schwer beeinflussen können. Wir müssen in Nepal manchmal Dinge hinnehmen. Uns bleibt nichts anderes übrig, als den Beobachterstatus einzunehmen. Mit einer wichtigen Ausnahme! Und das ist eines der komplizierteren Kapitel auf einer solchen Reise. Ich meine die Gruppendynamik. Jeder kann sich das vorstellen. 

Um sich auf die anderen einstellen zu können und vor allem, um auch die Person besser kennen- und einschätzen zu lernen, welche auf unserer Himalayatour die Verantwortung trägt, nämlich mich, ist unser Kennenlernwochenende einfach Gold wert. Und das empfinden offensichtlich auch ganz viele meiner zukünftigen Gäste so. Denn häufig ist genau diese Art der Vorbereitung ein Grund, bei mir eine Reise zu buchen. Sie wollen ihre Mitstreiter und mich auf gar keinen Fall erst auf ihrer Traumtour kennenlernen müssen. 

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Ein Höhepunkt am ersten Tag ist die tiptop sanierte Häntzschelstiege. Ein großer Spaß!

Wir trafen uns vergangenen Sonnabend um 9.00 Uhr in Bad Schandau, manche mit überlanger Anreise. Am ersten Tag ging es auf eine ausgedehnte und ziemlich fordernde Wanderung durch die Affen- und Schrammsteine. Gleich sechs der legendären Stiegen standen auf dem Programm und bedeuteten mehr als 1000 Höhenmeter im Auf- und Abstieg! Wir brauchten Trittsicherheit und Mut. Mehr übrigens als bei der Trekkingtour in Nepal selbst nötig ist. Und trotzdem sind es eben nur Wanderwege, die wir begehen. Das ist in Sachsen alles ein kleines bisschen anspruchsvoller. Denn schließlich haben ja die Sachsen das Klettern erfunden!

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Mittagsrast auf den Affensteinen. Im Hintergrund die Schrammsteinkette und der gewaltigste Gipfel der Sächsischen Schweiz, der Falkenstein.

Übernachtet wurde ganz zünftig in einer Boofe. Es gibt kaum etwas typischeres für die Sächsische Schweiz. Dieser Abend unter freiem Himmel ist sicher besonders ergiebig, was das Kennenlernen anbelangt, denn das ein oder andere alkoholische Getränk macht die Zunge lockerer. Und natürlich kann mich hier jeder fragen, was immer ihm zu seinem bevorstehenden Abenteuer in Nepal auf dem Herzen liegt.

Am nächsten Tag wurde es dann für mich entspannter. Wir gingen klettern. Meine Gäste hingen am Seil. Passieren konnte also überhaupt nichts mehr. Wenn das Wetter passt, sind wir an diesem Tag in den Schrammsteinen an der Tante unterwegs. Sie ist sehr freigiebig in ihrer Gunst. Jeder hat bei ihr die Chance, es bis ganz auf den Gipfel zu schaffen. Allerdings muss man sich schon anstrengen. Geschenkt wird einem der traumhafte Blick über die großartigen Gipfel der Schrammsteine nicht. 

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Unser Ziel am Klettertag bei gutem Wetter, die schlanke Tante ganz oben auf den Schrammsteinen. Sicher einer der schönsten Gipfel der Sächsischen Schweiz, vor allem auch wegen der tollen Aussicht von ihrem Gipfel.

Und wem das alles immer noch nicht genug war, für den wartete am Schluss eine spektakuläre 50 m lange Abseile die Schrammsteine hinunter. Nicht immer jedermanns Sache. Aber für die, die sich trauen, dann ganz oft der absolute Höhepunkt des gesamten Wochenendes.

Ausklingen ließen wir die beiden Tage ganz entspannt bei großen Mengen Hopfensaft und allerlei Leckereien in der Schrammsteinbaude. Es machte mir Spaß, dabei zuzusehen, wie entspannt und vertraut vor kurzem noch wildfremde Leute miteinander umgingen, als wären sie schon seit Jahren Freunde. Gemeinsam Erlebtes in der Natur bewirkt oft wahre Wunder in der Teambildung!

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Der „Alte Weg“ auf die Tante ist zwar nur eine 5. Aber anhaltend steil. Man muss sich schon ziemlich anstrengen, um dort raufzukommen. Geschenkt wird einem der das tolle Gefühl auf dem Gipfel nicht. Aber genau das ist auch der Sinn dieser Sache.

Und das ist buchstäblich immer so. Deshalb ist mein Kennenlernwochenende nun schon im 15. Jahr so erfolgreich. Meine Gäste wissen anschließend, mit wem sie es in Nepal vier Wochen lang zu tun haben werden, sowohl bei ihren Mitstreitern als auch bei mir. Und ich weiß es eben auch. Ein Trauma wie bei der Alaska-Tour ist ausgeschlossen.

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Die mehr als 50 Meter hohe Wand, die meine Gäste gerade herunter geseilt sind, ist wirklich nicht von schlechten Eltern. Sehr mutig von Euch!

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