Kategorie: Himalaya Trekking
Ein Text von Dr. med Lutz Dietrich, Fotos: Olaf Rieck Vor vier Wochen machten wir uns auf den Weg von Leipzig via Istanbul nach Kathmandu zum Trekking auf der Jiri-Route zum Everest Base Camp über 3 Pässe in der Khumburegion. Wir, das war eine zunächst bunt zusammengewürfelte Truppe. Unterschiedlich. Von Jungen und Alten. Frauen und Männern. Von Bergerfahrenen und Hochgebirgsnovizen, die z.B. noch nicht einmal über den Fichtelberg hinausgekommen waren.
Ein Text von Anna Willweber, Bilder Olaf Rieck: Wie schwierig sind manche Entscheidungen, wie klar und doch so unkar. Warum fällt es mir so schwer Entscheidungen zu treffen? Und woher weiß ich, ob sie richtig waren? Kann man das wissen? Vielleicht sind sie im nachhinein immer richtig gewesen.
Wegen ihm sind die ganzen Leute hier. Wegen ihm werden gerade hunderte Tonnen Ausrüstung an einen der unwirtlichsten Orte der Welt getragen. Wegen ihm setzen Menschen ohne Not ihre Gesundheit und ihr Leben aufs Spiel. Wegen ihm haben auch schon hunderte von Menschen ihr Leben geopfert, sinnlos geopfert.
Als ich heute morgen (17.03.) um kurz vor fünf aus der Lodge in Dragnak nach dem Wetter geschaut habe, war ich schon ein bisschen enttäuscht. Seit unserem ersten Trekkingtag konnten wir uns auf das Wetter verlassen. Morgens war es immer wolkenlos, strahlend, klar. Die morgendliche gute Laune war gesichert.
Sie ist es immer wieder, die Striche durch unsere Rechnungen macht. Sie ist unberechenbar. Sie kann töten. Man kann sich nicht wirklich auf sie vorbereiten. Sie trifft oft die fittesten. Entgegensetzen kann man ihr außer Erfahrung, Geduld und Langsamkeit nur wenig. Ich spreche von der Höhe.
Wir haben einen Plan! Und den ersten Teil davon können wir als erfüllt abhaken. Wir sind in Namche eingetroffen. Sieben Tage waren wir unterwegs, reichlich 150 Kilometer sind wir gelaufen, 8000 Höhenmeter sind wir auf- und 6000 wieder abgestiegen.
Die Wahrheit ist, die praktischen Dinge interessieren viele Menschen am meisten. Wenn ich in Firmen, die mal einen etwas spannenderen Input haben wollen, als Vortragsredner zu Gast bin, dann gibt es meist die Möglichkeit, mir im Anschluss an den Vortrag Fragen zu stellen und über meine Antworten zu diskutieren.
Immer wieder höre ich das. Ich sollte endlich mal ein Buch schreiben. Aber nicht etwa über 35 Jahre Expeditionstätigkeit. Nein, viel interessanter sind wohl die Erlebnisse, die ich in den vergangenen 25 Jahren auf den drei Dutzend Nepaltouren mit meinen Gästen hatte.
Das ist auffällig. Doch wann hat das eigentlich angefangen? Plötzlich gibt es andauernd Jubiläen. Gefühlt alle zwei, drei Jahre könnte ich etwas feiern, wenn mir bei den immer größer werdenden Zahlen nach Feiern zumute wäre.
Jubiläen sind meine Sache nicht. Aber da man die Dinge ja immer so positiv wie möglich sehen sollte, könnte man es auch so interpretieren: Wenn man etwas schon sehr lange macht, dann kann das auch daran liegen, dass es nicht schlecht gewesen ist. Gehen wir also mal davon aus.
Ich denke ernsthaft darüber nach! Darf eine reiche Agentur aus dem Westen einen von Bergtouristen sehr begehrten Pass mitten im Himalaya mit Tonnen von Metall markieren und versichern und damit auf ganz radikale Weise nahezu unberührte Landschaft verunstalten?
Untertitel: Heimwärts geht der Ochs am schnellsten. -„Nepal ist nicht die Schweiz.“, sagte Olaf bei unserer ersten Begegnung mit ernstem Blick. Und ich? Ich schaute zurück wie ein Tibetanischer Grunzochse, wenns donnert.
Wenn ich im Himalaya mit meinen Gästen unterwegs bin, fasziniert mich immer wieder aufs Neue: Irgendwann übernehmen der Rhythmus der Tage, das Wetter, die ganz profanen Bedürfnisse wie zum Beispiel ein ruhiges Örtchen zum Telefonieren und die alles bestimmenden momentanen Befindlichkeiten das Kommando.
Da kann ich Lieblingstäler haben, so viel ich will. Das Khumbutal mit dem gleichnamigen Gletscher, dem Kalar Pattar und vor allem dem heiligen Boden des Everest-Basislagers sind in der Khumburegion des Himalayas DIE magischen Anziehungspunkte.
Es gibt Fehler, die so offensichtlich sind, dass es einen bei dem Gedanken schaudert, dass sie tatsächlich begangen worden sind. So geschehen bei der Auswahl eines Lagerplatzes auf der Alm Phangka, etwa 40 Minuten Gehzeit von Machermo entfernt im Tal des Ngozumba-Gletschers.
Schon seit meiner allerersten Reise hierher in die Khumburegion des Himalayas im Jahr 1994 besuche ich das Nonnenkloster in Thamo. Ich war damals sehr zeitig auf dem Weg nach Thame, um weiter nach Lungden zu laufen.
Die Luft wird dünner. Wir sind ständig außer Atem. Aber wir haben es nicht anders gewollt. Daran können wir derzeit nichts ändern, es sei denn wir kehren um. Aber das will hier niemand.
Leugnen hilft nicht! So sollte diese erste Nepaltour nach Corona nicht starten. Drei meiner Gäste mussten buchstäblich in letzter Sekunde vor der Abreise krankheitsbedingt absagen. Das ist sehr traurig und nicht nur für die drei nun sehr unglücklichen. Alles war bereit und nun das!
Es ist nur schwer vorstellbar, was gerade in Nepal geschieht. Und das obwohl wir ja auch unsere Erfahrungen mit dieser Pandemie haben. Schon Anfang Mai kollabierte das marode Gesundheitssystem in Nepal. Buchstäblich von einem auf den anderen Tag begann sich ab Mitte April die indische Variante des Coronavirus explosionsartig in Nepal auszubreiten. Die Kurve der Infektionszahlen stieg noch steiler an als in Indien selbst.
In unserer deutschen Lebenswirklichkeit kommt es womöglich öfter vor als es uns lieb sein sollte, dass alles genauso funktioniert, wie wir uns das wünschen. Und wenn es nicht so läuft wie erhofft, bringt uns das immer häufiger aus der Fassung. Damit umzugehen, haben wir nie wirklich gelernt.
Nun ist es auch uns passiert. Ich hoffte ja, meine News-Leser von den Nachrichten zu verschonen, von denen sie schon daheim zu Hauf bombardiert werden. Aber in eine News gehören nun mal die Dinge, die uns widerfahren. Und die haben inzwischen auch nur noch mit dem Virus zu tun.
Claudia und ich sind nach Tagnag abgestiegen. Hier wollen wir einen wohlverdienten Ruhetag vor dem Endspurt auf den Gipfel verbringen. Nach fünf Tagen Arbeit im Basislager und am Berg verlangte Claudia ganz dringend nach einer Dusche.
Anstecken werde ich mich hier nicht! Weil ich nämlich schon längst infiziert bin: Von der Schönheit, der Ruhe und der Erhabenheit dieser erstaunlichen Landschaft um mich herum. Und Claudia, die arme, macht das jetzt auch gerade durch. Der Himalaya ist extrem virulent.
In den vergangenen Tagen haben wir weiter an unserer Höhenanpassung gearbeitet. Am Mittwoch (11.03.) ging es nach Mong La auf 4000 m. Das sind 200 Höhenmeter mehr als unsere Schlafhöhe in Thame. Am nächsten Tag wanderten wir nach Machermo (4400 m) und gestern am Freitag (13.03.) erreichten wir Gokyo auf 4750 m.
Diesmal liegt es nicht an der dünnen Luft, die ja sonst meist der Übeltäter ist, wenn es jemandem nicht gut geht. Diesmal ist es Pech oder Schicksal oder kein Glück oder wahrscheinlich alles zusammen. Steffen muss wegen Knieschmerzen seine Ambitionen am Nirekha Peak aufgeben und Kai hat ziemlich massive Herzprobleme bekommen und musste leider die Heimreise antreten.