Die kalte Fußspitze eines tropischen Kontinents
Schon seit mehr als 14 Monaten war Ferdinand Magellan (1480-1521) mit seiner kleinen Flotte unterwegs, als er am 21. Oktober 1520 weit im Süden des südamerikanischen Kontinents eine Landzunge umschiffte. Vielleicht nannte er diese Stelle deswegen Kap der Jungfrauen (Kap Virgenes). Nach Westen öffnete sich eine 30 Kilometer breite Einfahrt, die er erkunden ließ. Noch ahnte er nicht, dass er tatsächlich die langersehnte Passage in den Pazifik gefunden hatte. 20 Tage dauerte die Fahrt durch die zergliederten Fjorde der später nach ihm benannten Meeresstraße. Am 28. November wurde der Stille Ozean erreicht.
Und damit war auch Feuerland entdeckt, über welches der Seefahrer noch annahm, dass es sich um einen riesigen Südkontinent handelte. Kurioserweise sollte es noch fast einhundert Jahre dauern, bis der niederländische Freibeuter Willem Schouten 1615 das erste Mal das Kap Horn umsegelte.
Während der Fahrt durch die Meerenge sahen die Seemänner, wie der Chronist Magellans, Antonio Pigafetta, berichtet, viele Feuer am Südufer. Deshalb taufte man das Land im Süden auf den bis heute gebräuchlichen Namen Feuerland.
Die Inselgruppe Feuerland umfasst knapp 74000 Quadratkilometer und erstreckt sich zwischen der Magellanstraße im Norden und Kap Horn im Süden. Dieser südlichste Vorposten des südamerikanischen Kontinents liegt auf 56° südlicher breite Breite. Auf der Nordhalbkugel entspricht das Kopenhagen oder Moskau. Der Monte Sarmiento zum Beispiel liegt exakt auf der Höhe der Insel Rügen. Und tatsächlich ist die Jahresdurchschnittstemperatur mit 5° Celsius auf Feuerland nur geringfügig niedriger als auf Rügen. Und dennoch könnte das Klima unterschiedlicher kaum sein.
Das Klima Feuerlands ist rein maritim, steht aber schon sehr unter dem Einfluss der Antarktis. Beide Polkappen der Erde sind von einem Gürtel westlicher Winde umgeben. Doch die im Süden sind wesentlich heftiger ausgeprägt, weil große Landmassen fehlen. Diese Westwinde werden von den Kaltluftmassen der Antarktis gespeist. Sie beladen sich mit Feuchtigkeit und entwickeln ihre Geschwindigkeit ungehindert, bis sie auf Feuerland treffen. Hier prallen diese Luftmassen mit ungeheurer Wucht als regenreiche Stürme auf die Berge und Kämme der Westküste.
Jenseits der Kordilleren werden diese Stürme, wenn sie sich an den Bergen ihrer Feuchtigkeit entledigt haben, zu trockenen Fallwinden, die besonders bei Seeleuten gefürchtet sind, weil sie mit heimtückischer Plötzlichkeit einsetzen. Deswegen zählen die Gewässer Feuerlands als die am schwierigsten zu navigierenden aller Weltmeere.
Dieses Phänomen hat zum Beispiel die kuriose Folge, das Punta Arenas, wo wir unsere Reise in Feuerland starten wollen, etwa 60 mm weniger Jahresniederschlag abbekommt als Leipzig (507 mm). Die etwa 200 Kilometer westlich von Punta Arenas gelegene Insel Desolation aber bis zu 6000 mm! Auf der Evangelisten Insel am westlichen Ausgang der Magellanstraße werden 330 Regentage im Jahr gezählt. Und hier wurde mit unglaublichen 72 Tagen auch der bisher längste je beobachtete Dauerregen registriert.
Was sagt uns das? Ein Chance am Sarmiento zu bekommen, ist ganz offensichtlich so eine Art Lottogewinn. Zu diesem Berg zu gehen, dass muss man wirklich wollen schon ganz und gar mit einem winzigen Kajak und demzufolge wenig Gepäck. Und wir dürfen unser Regenzeug nicht vergessen 🙂