So langsam beschleicht mich das Gefühl, dass wir bisher eine Menge Glück mit dem Wetter hatten. Die ersten drei Tage sowieso. Der Kampf mit dem Unterholz gestaltete sich zwar sehr unerfreulich, aber das Wetter war wohl für patagonische Verhältnisse geradezu ausgezeichnet. Die Sonne schien sogar manchmal. Seit dem regnet es fast ununterbrochen bei sehr moderaten Temperaturen um die Null Grad.
Nichts mit mehr Sicht! Es ist einfach zu gefährlich und auch zu aufwendig bei null Sicht über einen Gletscher zu gehen. Den richtigen Weg zu finden, was in unserem Falle den kürzesten und ebensten Weg heißt, wird ganz und gar unmöglich.
Die Augen suchen den Weg, die Füße gehen ihn, doch in mein Bewusstsein dringt dieser Vorgang nicht. Die Gedanken können umherschweifen. Die Menschen hassen es, all ihres Komforts beraubt zu sein. Es ist viel mehr so, dass sie ein starkes Bedürfnis entwickelt haben, immer mehr davon anzuhäufen.
Georg ist mit der ersten telefonischen News vom patagonischen Inlandeis zu hören. Da die beiden natürlich immer Strom sparen müssen, ist das eine gute Variante, mit der wir auf dem Laufenden bleiben können, auch wenn die Sonne mal nicht so scheint.
Heute war es nun gleich mehrfach soweit. Nachdem wir am Morgen die letzte Last von unserem gemütlichen Camp am See zum gestern angelegten Depot getragen hatten, kam die Pulka zum ersten Mal zum Einsatz. Wir haben die Schneegrenze erreicht. Ich dachte doch tatsächlich, dass nun alles einfacher werden würde.
Wir haben heute jeder ca. 50 Kilogramm 3,1 Kilometer (Luftlinie) weit getragen. Das Depot, wo die Sachen jetzt lagern, liegt 420 Meter höher als unser derzeitiger Biwakplatz. Da wir den Weg zwei Mal gegangen sind, liegen also 840 Höhenmeter im Auf- und Abstieg hinter uns.
Als ich noch zu Hause war und jeden Tag geduscht, satt und zufrieden ins weiß bezogene Bett gegangen bin, da habe ich häufig vor dem Einschlafen über eine australische Expedition nachgedacht, die vor einiger Zeit dasselbe vorhatte wie wir. Nach 19 Tagen waren die Jungs nur 15 Kilometer voran gekommen. Dann haben sie entnervt aufgegeben. Wie war das möglich? Was war los mit den Jungs? Weniger als einen Kilometer pro Tag? Wie konnte das sein?
Der Bob Dylan Song hat mich heute durch das Unterholz begleitet. Ich weiß die Antwort, warum wir uns das freiwillig antun, jedenfalls nicht. So habe ich mir den Zustieg zum Eis nicht vorgestellt.
Jorge Montt (1842-1922) war ein außergewöhnlicher Mann. Mit 15 ging er zur chilenischen Marine und machte dort eine steile Karriere. Als 1891 der Putsch gegen Präsident Balmaceda ausbrach, ging der Aufstand von der Flotte aus, die Montt inzwischen befehligte. Der Aufstand gelang und Montt führte die siegreichen Rebellen nach Santiago.
Georg lässt sich nicht gern aufhalten. Deshalb hat er alles daran gesetzt, es trotz des gestrigen Feiertages anlässlich der Entdeckung Amerikas, heute noch zum Jorge-Montt-Gletscher zu schaffen. Ich war ja aus bekannten Gründen diesbezüglich weniger enthusiastisch.
Am heutigen Montag, so der Plan, wollten wir in Tortel die restlichen Formalitäten bei der Polizei erledigen und ein Boot chartern. Doch heute ist Feiertag, alles hat geschlossen. Wegen unserer mangelhaften Spanischkenntnisse dauerte es eine Weile, bevor wir herausbekamen, warum an diesem 12. Oktober gefeiert wird.
Von Coyhaique bis nach Tortel gibt es leider keine direkte Busverbindung wie wir gedacht hatten. Darum mussten wir noch einmal einen Zwischenstopp in einem Ort namens Cochrane einlegen. Der Grund dafür ist die Tatsache, dass die gesamte Strecke nicht in einem Tag zu schaffen ist, denn die Straßen sind lediglich unbefestigte Schotterpisten.
Der knackige neue Slogan vom tapir, meinem Bergsportausrüster des Vertrauens, war gestern auch für uns fast wörtlich zu nehmen. Die Tapire meinen ihren Laden, in dem das Abenteuer beginnt. Unser Abenteuer begann auch schon hier und zwar in Berlin. Es ist immer das gleiche, und da kann man noch so viel reden und beschwören beim Flugticket kaufen. Steht man erst mal am check-in-Schalter, weiß niemand mehr von irgendwelchen Absprachen.
Es waren zwei quälerische Tage! Soll ich nach Patagonien gehen und halte diesmal womöglich nicht das rechte Maß oder soll ich die ganze Sache besser abblasen? Fest steht jedenfalls, dass ich nach diesem dummen Unfall eben nicht mehr top fit bin. Was soll ich also tun?
Gestern vor einem Vortrag in Halle gab es Probleme mit der Beleuchtung. Beim Versuch zu helfen, bin ich eine Treppe heruntergefallen, die ich im Dunkeln nicht sehen konnte. Dabei bin ich schwer mit den Fuß umgeknickt.
Das sollen die letzten Worte Goethes gewesen sein, bevor er starb. An die mußte ich mich erinnern, als ich gestern in Berlin bei meinem Freund Hans-Peter Hetzl war, um unsere neue Solarladeanlage abzuholen. Aber ich hatte mir die ganze Sache wohl zu einfach vorgestellt.
Gestern war Georg das erste Mal seit seiner Entlassung aus dem Krankenhaus wieder hier, um mit mir gemeinsam die Ausrüstungsliste durchzugehen und zu packen. Was haben wir schon, was brauchen wir noch, wie schwer ist das Ganze und auf welche Art verpacken wir unseren Krempel? Vor allem aber war ich natürlich gespannt, wie es Georg nach der Operation gehen würde.
Ab heute sind sind es noch genau 14 Tage bis wir zur Durchquerung des patagonischen Inlandeises aufbrechen. Und es ist wie jedesmal. Davor schützt einen leider weder Erfahrung noch Routine.
Die gute Tante hat sich schon gewehrt, gab dann aber doch ihren Widerstand im Angesicht des Ansturmes meiner Nepalgäste auf. Am vergangenen Wochenende war also zum zweiten Mal in diesem Jahr Kennenlernen angesagt!
Unsere Kommunikationstechnik für meine Himalayatouren ist in die Jahre gekommen. Seit einem Jahrzehnt funktionieren sowohl die Rechner als auch mein unverwüstliches Inmarsat-Telefon tadellos. Ein running team soll man ja bekanntlich niemals austauschen.
Ich gebe es zu. Ein Weilchen habe ich schon darüber nachgedacht, was ich denn nun zu meinem Selbstversuch in der Comici-Route an der Großen-Zinne-Nordwand schreiben könnte, ohne gleich mein Gesicht zu verlieren. Aber es ist zwecklos, lange um den heißen Brei herumzureden.
Brigitte hatte ganz klare Vorstellungen davon, was wir machen und vor allem wie wir uns aufeinander einstellen und uns kennenlernen würden. Wir haben zwar gemeinsam den Übungsleiterkurs gemacht und bei den Prüfungen geschwitzt und gezittert, aber geklettert sind wir noch nie zusammen. Außerdem hatte sie für sich ganz klare Routenziele.
Im Jahre 1788 trat der französische Geologe Déodat de Dolomieu (1750-1801) eine Reise in ein damals noch völlig unerforschtes Gebirge an. Er war fasziniert von der einmaligen Schroffheit der Berge und ihrem rauen hellen Gestein. Auch nach seiner Rückkehr in seine französische Heimat, ließen ihn diese Gipfel nicht mehr los.
Ein blendend aufgelegtes Team, die erstaunliche Kondition aller Teilnehmer und tolle Leistungen beim Klettern waren die extrem guten Voraussetzungen für ein schönes Wochenende in der Sächsischen Schweiz. Tatsächlich extrem war aber vor allem die Hitze an den beiden Tagen.
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